Selbstmord-Attentäter?

Es gibt trügerische Bilder. Und es gibt trügerische Wörter. Sie kommen harmlos ihres Weges, sie klingen plausibel und treffsicher, alle benutzen sie und wissen gleich, was damit gemeint ist. Aber unter ihrem Klang verändern sich die Dinge, verschieben sich Gewichte und Akzente, ohne dass es jemand zu merken scheint. So ein Wort ist "Selbstmordattentäter". Aber sind es denn keine Selbstmörder, diese bis zum Wahnsinn verblendeten jungen Palästinenser, die sich als wandelnde Bomben mitten unter ahnungslosen Israelis in die Luft jagen?

Vorsicht bei der Antwort. Es gibt bekanntlich Leute, die sich auf besonders spektakuläre Art umbringen, indem sie den Tod anderer mit in Kauf nehmen, absichtliche Geisterfahrer etwa, die den ersten entgegenkommenden Wagen rammen, oder andere, die ihr Zimmer in Brand stecken und damit alle Hausbewohner in Gefahr bringen. Aber für sie ist der Selbstmord das Entscheidende. Die anderen interessieren sie nicht wirklich, deren Tod ist nur Teil der schrecklichen Inszenierung. Bei den Palästinensern aber ist es genau umgekehrt. Wichtig ist der Tod der anderen, der Unschuldigen; der eigene wird als unvermeidliche Konsequenz hingenommen und ins Märtyrerhafte verklärt. Im Wort "Selbstmordattentäter" drängt sich der Selbstmörder - fast möchte man sagen: eitel und scheinheilig - vor den Mörder und versucht, ihn zu verstecken. Niemand käme auf die Idee, einen Amokschützen, der nacheinander mehrere Mitschüler und Lehrer hinrichtet, um sich schließlich selbst zu erschießen, einen Selbstmordattentäter zu nennen. Warum tun wir das eigentlich bei den Palästinensern?